Sonntag, 15. Juni 2014

WM – ein unausweichliches Event!



Liebe Fußballverrückte!
 
Hat es auch euch getroffen? Die ersten Spiele sind gespielt, Siege, Niederlagen, Freudentaumel oder Tränen der Enttäuschung? 

Am Freitag habe ich mein erstes Spiel gesehen: Chile gegen Australien! Ich war zu Gast in einer chilenischen Familie, bei der meine Freundin Marie zurzeit wohnt.  Alle hatten die Nationalfarben im Gesicht, Perücken, Hüte, Flaggen und was man noch so alles finden konnte. Es gab Bier (für die Deutschen), Wein (für die Chilenen), Indoor-Asado, Papas Fritas und tausend Jubelgesänge, Flüche, Grimassen, aber vor allem Spaß! Wir waren nicht viele Leute, aber die Stimmung war trotzdem toll. Und dann stelle man sich vor, dass hunderte Chilenen aufeinander treffen. Nach dem Sieg Chiles (3:1) wurde gefeiert – aber wie! Als hätte das Nationalteam nicht nur das erste Spiel gewonnen, nein, gleich die ganze Weltmeisterschaft! Live Übertragungen im Fernsehen vom Plaza Italia (dort ist meine Metrostation): Die Leute strömen aus allen Richtungen an, Familien, Jugendliche, Betrunkene! Das Denkmal wird bestiegen und am Schluss feiern mehr als 1000 Menschen zusammen den Sieg. Das nur im Fernsehen zu sehen war schon krass. Wir haben kurz überlegt auch noch hinzufahren, aber diese Feiern sind wohl spätestens nach einer Stunde dazu verurteilt, eine Szenerie des Taschenraubs und der betrunkenen Überreaktionen zu sein.

Zwei Tage zuvor, habe ich auf Facebook einen Dokumentar Film über die Zustände in Brasilien geteilt. Es wurde erzählt wie sich die Lage auf Grund der WM zu mindestens für die arme Bevölkerungsschicht  verschlechtert hat. Wie viel Geld in die komplett neu aufgebaute Infrastruktur reingesteckt wurde. Könnt ihr euch vorstellen, dass der Staat Brasilien für EIN Stadion so viel Geld ausgegeben hat, wie er in VIER Jahren insgesamt in BILDUNG investiert hat? Ich war wirklich schockiert und emotional berührt, da auch von einzelnen Schicksalen gesprochen wurde. Kurz zuvor habe ich den Film Citiy of God geschaut, da ich darüber ein Referat halten muss. So viel hat sich seit den 70er Jahren anscheinend gar nicht verändert  in diesem Land, das die meisten doch nur als Touristische Hochburg kennen.
Aufgrund der Doku habe ich tatsächlich überlegt die WM zu boykottieren und auch mit einigen Leuten drüber diskutiert. Mein Ergebnis ist Folgendes: Ich werde mir Spiele angucken und ich werde auch die Siege feiern und die Niederlagen beklagen. Trotzdem gucke ich auf alles was in Brasilien geschieht, ab jetzt mit einem kritischen Auge. Ich weiß, dass mag vielleicht nicht genug sein, aber um einen Wandel zu erreichen, hätte man früher und geschlossener reagieren müssen. Ich finde die Fifa sollte daraus etwas lernen (was sie aber vermutlich nicht tut): Eine Weltmeisterschaft sollte nur dort stattfinden, wo es ohne riesigen Aufwand auch möglich ist, ein Megaevent wie dieses zu organisieren. Das heißt, wo man nicht die Infrastruktur von null auf Hundert aufbauen muss…

Morgen also ist das erste Deutschlandspiel: Ich bin gewappnet, Shirt ist bemalt, Nägel lackiert und die Farben fürs Gesicht kommen morgen! Dem Fußballwahnsinn kann man in Chile ohnehin nicht entkommen!

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen